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03.03.2017

PM: Bedrohliches Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Sterbehilfe

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in letzter Instanz das Urteil gefällt, dass der Zugang zu einem verschreibungspflichtigen Betäubungsmittel zur Selbsttötung "in extremen Ausnahmefällen" nicht verwehrt werden darf. Dazu nimmt Mechthild Löhr, Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben e.V. (CDL) kritisch Stellung:

In der Entscheidungsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 2.3.2017 heißt es: "Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1GG umfasst auch das Recht eines schwer und unheilbar kranken Patienten, zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben beendet werden soll, vorausgesetzt, er kann seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln. Daraus kann sich im extremen Einzelfall ergeben, dass der Staat den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren darf, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht."

Im November 2004 beantragte die bis zum Hals gelähmte Patientin beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels. Das BfArM lehnte den Antrag im Dezember 2004 ab, weil eine Erlaubnis mit dem Ziel der Selbsttötung nicht vom Zweck des Betäubungsmittelgesetzes gedeckt sei. Dies lehnten auch weitere Instanzen seit her ab. Nun ist, vermutlich auch ermutigt durch die Debatten um den neuen § 217 StGB zur weitgehenden Straffreiheit von Suizidbeihilfe, nach Ausschöpfung aller anderen Rechtswege ausgerechnet vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein solch fataler rechtlicher Richtungswechsel vorgenommen worden.

Die Richter in Leipzig haben hier ein erschreckendes Fehlurteil getroffen, wenn sie jetzt erstmalig einer staatlichen Behörde (BfarM) erlauben, zukünftig schwere Betäubungsmittel gezielt zum Mittel der Selbsttötung von Patienten zu genehmigen. Es ist schockierend, dass sich nun staatliche Instanzen in Deutschland anmaßen, darüber zu entscheiden, ob sie ein menschliches Leben noch sinnvoll möglich oder wertvoll finden. "Ihnen darf der Zugang zu einem verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmittel, das eine würdige und schmerzlose Selbsttötung erlaubt, nicht verwehrt sein", heißt es im Urteil. Damit wird ein ganz anderes beklemmendes neues Signal an Schwerkranke, Pflegende und Ärzte gesetzt: Weiterleben wird immer mehr zu einer von zwei Handlungsoptionen, die täglich neu am Krankenbett besprochen und verhandelt werden können. Denn die aktive Zustimmung zur Selbsttötung durch den Staat durch ein Bundesinstitut ist nun zukünftig auf Antrag möglich. Dies bedeutet einen gefährlichen Bruch in der Rechtsgeschichte seit 1949.

Jeder Suizid ist tragisch und sollte nach Möglichkeit verhindert werden, auch wenn dies dem Staat und der Gesellschaft faktisch nicht möglich. Er liegt im Rahmen menschlichen negativen Freiheitsgebrauchs. Dennoch ist es oberste Aufgabe des Staates, das Recht auf Leben zu schützen und nicht etwa optimale Bedingungen für eine möglichst "würdige und schmerzlose" Selbsttötung zu schaffen. Dieser rechtliche Irrweg wird zukünftig noch fatale Folgen zeitigen, wenn er nicht korrigiert wird. Die Bespiele Schweiz, Niederlande, Belgien belegen dies. Er führt dazu, dass der Staat im nächsten Schritt der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) den Weg in den Alltag der Kliniken und Pflegeheime öffnet. Die ersten Reaktionen in der Presse zeigen dies bereits. Leider werden viele dieses Urteil jetzt nutzen können, um vehement (ärztlich) assistierten Suizid durch Betäubungsmittelverschreibung für sich und andere einzufordern.

Dass die Leipziger Richter leidenden Patienten jetzt dieses schnelle Tötungsmittel quasi in die Hand drücken wollen, ist ein rigoroser und bedrohlicher Verstoß gegen die unbedingte Schutzpflicht des Staates. Der Wunsch zu sterben, ist das Eine, die aktive Lieferung von Tötungsmitteln nach staatlicher Prüfung etwas ganz Anderes! Selbsttötung mit staatlicher Zustimmung und Genehmigung führt in einen ethischen Abgrund und ist das Gegenteil von menschlicher Solidarität am Lebensende.

Hier die Veröffentlichung des Bundesverwaltungsgerichts:

BVerwG 3 C 19.15 - Urteil vom 02. März 2017
Zugang zu einem Betäubungsmittel, das eine schmerzlose Selbsttötung ermöglicht, darf in extremen Ausnahmesituationen nicht verwehrt werden
Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts 02.03.17

Ergänzende Informationen:

Themenspecial der InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik auf www.sterbehilfe-debatte.de zum Gerichtsurteil

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Hildegard Bosch
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