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17.06.2011

Europäische Mütter fordern mehr Wahlfreiheit

CDL (17.06.2011). Mütter in Europa fordern mehr Anerkennung für ihre Leistung. Frauen möchten auch in ihrer Rolle als Mutter ernst genommen werden. Mehr als 11.000 Mütter äußerten sich im Rahmen einer Befragung, welche die Europa-Abteilung des Weltmütterverbandes MMM (Mouvement Mondial des Mères) in 16 europäischen Ländern von Februar bis August 2010 durchführte, zu verschiedenen Aspekten ihres Lebens als Mütter.

Mutter zu werden verändert die Prioritäten von Grund auf, so die übereinstimmende Aussage der befragten Frauen. Mutterschaft wird von den Frauen als enorme Herausforderung wahrgenommen, die nicht nur eine große Verantwortung bedeutet, sondern das Leben ganz entscheidend und positiv prägt. Eine Frau, die Mutter ist, möchte deshalb nicht nur als Frau, sondern auch als Mutter wahrgenommen werden, wie dies schon die norwegische Politikerin und Professorin Janne H. Matláry in ihrem Buch „Blütezeit – Feminismus im Wandel“ aufzeigt: Moderne Frauenpolitik muss der Tatsache Rechnung tragen, dass viele Frauen Mütter sind und es auch sein wollen.

Sollten sich daraus nicht konkrete Vorgaben für die Politik ableiten lassen? Angesichts der Tatsache, dass 76 % aller europäischen Frauen über 18 Jahren Mütter sind, ist dies keine rein theoretische Frage.

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden am 9. Juni 2011 im Rahmen einer Sitzung der interparlamentarischen Arbeitsgruppe „Familie, Rechte des Kindes und Solidarität zwischen den Generationen“ des Europäischen Parlaments von zwei Hauptvertreterinnen des MMM, der Generalsekretärin von MMM Europa, Frau Caroline Bombassei, und Frau Julie de Bergeyck, auf Einladung von Frau Dr. A. Zaborska und in Anwesenheit von einem Dutzend (vorwiegend) Teilnehmerinnen verschiedener Organisationen, die die Interessen der Familie vertreten, vorgestellt. Der durch die EU-Kommission finanzierte Bericht soll Ausgangspunkt für eine Neuausrichtung der Politik auf europäischer Ebene sowie auf der Ebene der Mitgliedstaaten der EU sein, in deren Kompetenzbereich die Familienpolitik fällt.

Der Weltmütterverband MMM wurde 1947 in Paris als internationale, nicht-konfessionelle, nicht-politische Nichtregierungsorganisation gegründet und hat inzwischen einen allgemeinen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen inne. Seine Aufgabe ist die Förderung der Mutterrolle in der Gesellschaft und bei den nationalen und internationalen Institutionen. Er arbeitet daran, die öffentliche Meinung und die Mandatsträger für die entscheidende Rolle zu sensibilisieren, die den Müttern dabei zukommt, zum Frieden nicht nur in der eigenen Familie, sondern in der Gesellschaft und zu sozialem und ökonomischem Fortschritt beizutragen. Das Bewusstsein für diese Rolle der Mütter entstand nach dem 2. Weltkrieg.

Die Antworten stammen von Müttern vor allem mit höherem Bildungsniveau (fast 50 % der Befragten mit Universitätsabschluss), die in ihrer großen Mehrheit arbeiten oder in Elternzeit sind, so dass die Studie die Bedürfnisse der beruflich aktiven, politisch interessierten und gebildeten Mütter widerspiegelt. Die durchschnittliche Kinderzahl der Befragten liegt bei 2,6.

Beliebtestes Modell für die Arbeit außerhalb der Familie ist bei den Befragten die Teilzeit. Die Unterscheidung erwerbstätige Mutter – Mutter-und-Hausfrau ist allerdings überholt, weil Frauen beides leisten und beides wollen, aber nicht unbedingt in der gleichen Lebensphase.

Je mehr Kinder eine Frau hat, desto eher möchte sie ihren Schwerpunkt in der Familienarbeit sehen. Frauen, die 3 Kinder und mehr haben, wollen in erster Linie Familienarbeit leisten. Dies zur Kenntnis zu nehmen, ist nicht allein angesichts der demographischen Situation wichtiger als die hieraus immer wieder abgeleitete stereotype Forderung nach einer weiteren Einengung des Spielraums für Frauen im Namen einer übertriebenen Gleichstellungspolitik. Die Politik sollte sich ebenfalls darauf einstellen, dass eine große Mehrheit der Mütter den Wunsch hat, bei kleinen Kindern zuhause zu arbeiten. Dies nicht aus egoistischen Gründen, sondern weil ihnen die Wichtigkeit ihrer Erziehungsaufgabe bewusst ist. Mütter prägen die künftigen europäischen Staatsbürger!

Gefragt, welchen Rat sie einem Politiker geben würden, lautete die übereinstimmende Antwort: Ermöglichung von Wahlfreiheit, an erster Stelle. Anerkennung der Familienarbeit – in finanzieller und ideeller Hinsicht – als wesentliche Leistung für die Gesellschaft. Ferner auch der Wunsch nach an die Bedürfnisse der Kinder angepassten Arbeitszeiten. So darf es nicht sein, dass etwa Mütter mit Schulkindern keine Halbtagstelle (oder weniger) annehmen können, weil sie für die Ferien keine Betreuungslösung haben. Hinsichtlich der work-life-balance lautet die Forderung: Anerkennung des Wunsches von Müttern, genügend Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Forderung nach familienfreundlichen Steuersystemen, nach Einbeziehung der Väter in die Familienarbeit. Väter sind extrem wichtig, für das Wohlergehen der Mütter, aber natürlich auch der Kinder. Sie sind in der Studie nicht explizit, aber natürlich implizit mit einbezogen. Mütter müssen die Chance haben, auch nach einer längeren Familienzeit auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt zu werden. Dies wird allerdings nur funktionieren, wenn die Öffentlichkeit nicht nur für die objektive Bedeutung sensibilisiert wird, die der Leistung der Mütter für das Wohl des Kindes und damit der Gesellschaft zukommt, sondern wenn sie darüber hinaus die Mütter in dieser ihrer Selbstwahrnehmung ernst nimmt.

Die Politik muss begleiten, sie darf nicht auferlegen und vorschreiben, etwa im Sinne eines feministischen „Ideals“ der voll erwerbstätigen Mutter. Gelingt es, dieser Stimme der Mütter besser Gehör zu verschaffen, so liegt darin eine Hoffnung für eine nachhaltige Politik, für eine bessere europäische Gesellschaft.

Die Ergebnisse der Studie stimmen mit denjenigen der offiziellen Studie überein, die im Rahmen von Euro-Barometer unter dem Titel „familiy life and the need of aging people“ durchgeführt wurde. Näheres zur MMM-Studie auf der Homepage des MMM.

Dr. Friederike Hoffmann-Klein, Mitglied des Bundesvorstands der CDL hat an der Vorstellung der Ergebnisse der Studie am 9. Juni an der Sitzung der interparlamentarischen Arbeitsgruppe "Familie, Rechte des Kindes und Solidarität zwischen den Generationen" des Europäischen Parlaments teilgenommen.