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25.06.2015

Buch-Neuerscheinung: Es gibt kein gutes Töten - Acht Plädoyers gegen Sterbehilfe

Am 23.06.15 erschien im Manuscriptum-Verlag vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die Suizidbeihilfe das Buch "Es gibt kein gutes Töten - Acht Plädoyers gegen Sterbehilfe". Herausgeber sind Rainer Beckmann, Claudia Kaminski und Mechthild Löhr. Acht namhafte Autoren dieses Bandes kritisieren darin die Beihilfe zur Selbsttötung aus unterschiedlichen Perspektiven: Philosophie, Medizin, Gesellschaft, Recht und Praxis. Gemeinsam warnen sie vor einer ungeheuerlichen Entwicklung.

Der Pflegebedarf wird sich bis zum Jahre 2050 mehr als verdoppeln und entsprechend verteuern. Dieses Problem soll der assistierte Suizid auf scheinbar sanfte Weise lösen. Seine Einführung stellt aber nichts weniger in Frage als die Solidarität des Menschen, seine Menschlichkeit. Wer aus einem Recht auf Selbstbestimmung ein "Recht" auf ärztlich assistierten Suizid ableitet, übersieht, dass die Grundlage der Selbstbestimmung das Leben ist. Sterbehilfe und Selbstbestimmung schließen sich aus. Aus dem neuen Angebot der Suizidbeihilfe würde bald ein soziales Druckmittel werden, den anderen nicht länger zur Last zu fallen. Die "Erlösung" Leidender würde eine Rückkehr zur Euthanasie bedeuten ...

Die acht namhaften Autoren dieses Bandes kritisieren die Beihilfe zur Selbsttötung aus unterschiedlichen Perspektiven - Philosophie, Medizin, Gesellschaft, Recht und Praxis. Gemeinsam warnen sie vor einer ungeheuerlichen Entwicklung.

Autoren:

Beiträge von Robert Spaemann, Manfred Spieker, Andreas Lombard, Axel W. Bauer, Stephan Sahm, Rainer Beckmann, Kerstin Kurzke und Gert van Loenen.

"Auch das Sterben ist noch ein Vorgang, der eingebettet ist in Riten menschlicher Solidarität. Wer sich eigenmächtig aus dieser Gemeinschaft entfernen will, muss das allein tun. Anderen - und gar Ärzten - zumuten, bei dieser eigenmächtigen Entfernung behilflich zu sein, heißt, dieses Fundament aller Solidarität zu zerstören. Es heißt, dem anderen zumuten zu sagen: ›Du sollst nicht mehr sein.‹ Diese Zumutung ist eine Ungeheuerlichkeit. Die damit verbundene Zerstörung des Ethos muss sich unvermeidlich in Kürze gegen die Leidenden selbst kehren."
Robert Spaemann

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Kurzbesprechung Rainer Beckmann, Claudia Kaminski, Mechthild Löhr (Hgg.): Es gibt kein gutes Töten. Acht Plädoyers gegen Sterbehilfe, Edition Sonderwege, Waltrop/Leipzig 2015.

In dieser hochaktuellen Neuerscheinung behandeln acht namhafte Autoren das Thema Sterbehilfe. Sie gehen durchaus unterschiedlich an das Thema heran, und doch legen alle Beiträge den eindeutigen Schluss nahe: Mit der drohenden Legalisierung der Sterbehilfe, die die bislang bestehende Lücke im Strafrecht mit einem einklagbaren Recht füllen will, steht uns ein Zivilisationsbruch ungeheuerlichen Ausmaßes bevor.

"Die Begründungslast verschiebt sich vom Sterben-Wollen zum Leben-Wollen", prognostiziert Andreas Lombard, der die aktuelle Debatte überzeugend als "Symptom der demographischen Krise" deutet. Ganz ähnlich deutet Robert Spaemann die Sterbehilfe als "Einstiegsdroge" in die Legalisierung der Tötung auf Verlangen. Im Rückgriff auf Kant legt Spaemann zudem dar, wie der bei den Befürwortern der Liberalisierung so beliebte Verweis auf die Autonomie fehlgeht: Selbstmord ist nicht Ausdruck von, sondern Absage an Autonomie und Freiheit des Menschen. Die Liberalisierungsforderungen sind, so Spaemann, Ausdruck eines instrumentellen Verhältnisses des Menschen zum eigenen Leben und somit einer beunruhigenden Störung in der Beziehung zum eigenen Sein.

Berührende Erfahrungsberichte aus dem persönlichen Umfeld und aus der Hospizarbeit von Gerbert van Loenen und Kerstin Kurzke illustrieren diese Position anschaulich. Dass die in der aktuellen Debatte oft betonten Unterschiede zwischen Suizidbeihilfe und aktiver Sterbehilfe jedoch schon in Kürze hinfällig werden dürften, betont auch Manfred Spieker: "In der Logik dieser Entwicklung liegen ausgebildete Sterbehelfer, die für ihre Dienstleistung eine Erfolgs- oder zumindest Qualitätsgarantier anbieten und für die es in der ärztlichen Gebührenordnung eigene Gebührenziffern gegeben wird." Axel W. Bauer zeichnet die politische Diskussion seit 2012 kritisch nach, Rainer Beckmann bietet eine umfassende juristische Grundlage zum Selbsttötungsdelikt, und Stephan Sahm verdeutlicht den Widerspruch zum ärztlichen Ethos.

In der Vielfalt der sich ergänzenden Perspektiven und der Überzeugungskraft der dargelegten Argumentationen bilden diese acht Plädoyers eine unverzichtbare Grundlage für jedes politische und gesellschaftliche Engagement in dieser drängenden Frage. Und sie belegen zugleich: Niemand wird in Zukunft behaupten können, die Konsequenzen seien nicht absehbar gewesen.

Johannes Bronisch, Berlin

Weitere Informationen:

R. Beckmann / C. Kaminski / M. Löhr
Es gibt kein gutes Töten
Acht Plädoyers gegen Sterbehilfe

Beiträge von Robert Spaemann, Manfred Spieker, Andreas Lombard, Axel W. Bauer, Stephan Sahm, Rainer Beckmann, Kerstin Kurzke und Gert van Loenen.

Verlag Manuscriptum (23. Juni 2015)
Broschiert, 174 Seiten
ISBN-10: 3944872177
ISBN-13: 978-3944872179